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Test Krypton 6

HIFI TEST

Très charmant

Sie kennen Davis Acoustics nicht? Ich hatte bislang auch noch nicht das Vergnügen, mit Lautsprechern der französischen Manufaktur. Ganz so überraschend ist ihre noch geringe Bekanntheit als HiFi-Marke hierzulande übrigens nicht, denn die Fertiglautsprecher sind erst seit 2013 im Vertrieb von BT, zuvor waren in Deutschland nur Davis-Treiber und -Kits erhältlich.

Michel Visan, der Firmengründer von Davis Acoustics, hatte bereits einige Stationen in der Industrie hinter sich, bevor sich 1986 in die Selbständigkeit wagte. So arbeitete er bei Vega in der Lautsprecherentwicklung, hatte einen kurzen Stint bei Audax und war schließlich sieben Jahre bei Siare Acoustique, die meiste Zeit als Technischer Direktor. Als eine der ersten Lautsprecherfirmen nutzte er dann mit seiner Firma Davis neue Materialien wie Kevlar, Karbon oder Fiberglass. Anfangs entwickelte und produzierte man ausschließlich Chassis für andere Firmen wie Goldmund, Apertura oder Elipson. Daneben gab es immer Lautsprecherkits zum Selbstbau. 1993 kam dann mit dem DK200 der erste Davis Acoustic HiFi-Lautsprecher auf den Markt. Nach Michels Visans Tod 2012 trat sein Sohn Olivier 2014 in seine Fußstapfen. Design und Produktion findet seit 1994 im Nordosten Frankreichs, genauer gesagt in Troyes statt.

Es gibt diverse Davis-Lautsprecherserien, die Krypton-Modelle sollen im Bereich zwischen 1000 und 2000 Euro Maßstäbe setzen. Die Serie existiert zwar schon seit 1994, die neuen Lautsprecher haben damit aber nur noch den Namen gemein. Die Krypton 6 war Anfang 2021 das erste Modell, es gibt eine noch Ständerveriante, eine größere Standbox und Anfang 2022 kommt ein Center dazu. Davis ist ähnlich wie B+W früher für seine „gelben“ Mitteltöner aus Kevlar bekannt. Das von der amerikanischen Chemikerin Stephanie Kwolek 1965 für DuPont entwickelte Material ist, wie der Hersteller schreibt:“ .

.. eine hitzebeständige, leichte Synthetikfaser mit hoher Zugfestigkeit ….“ Der Mitteltöner ist aus der 5. Generation von Davis-Kevlarmembranen, die vielfach weiter entwickelt wurden. Das 13cm durchmessende Chassis aus gewebtem Kevlar kommt nur noch für die schwarze Gehäuseausführung der Krypton 6, wie wir sie bekamen, im typischen Gelb, für die anderen Gehäusausführungen wird es schwarz eingefärbt. Visan möchte die gelbe Farbe verständlicherweise nicht missen, da sie sogar im Davis-Logo auftaucht. Spannend ist die Geometrie der Membran, die einer exponentiellen Kurve folgt, was ihre Tiefe vergrößert und sie empfindlicher machen soll. Sie spricht also schneller an und schwingt schneller aus, was vor allem der Stimmwiedergabe zugutekommen soll. Ihr Aluminium-Phaseplug erhöht laut Olivier Visan die Empfindlichkeit zwischen 2000/3000 Hz bis etwa 8000 Hz im Vergleich zu einer normalen Staubschutzkappe. Dadurch soll der obere Mittenbereich etwas offener klingen.

Der großhubige Tieftöner hat denselben Durchmesser wie der Mitteltöner, bekam aber eine größere Schwingspule und einen stärkeren Magneten. Seine mit Grafit beschichtete Papiermembran ist wie die des Mitteltöners mit einer Gummsicke eingespannt. Der Hochtöner, der speziell für die neue Krypton-Serie entwickelt wurde, arbeitet auf eine rückwärtige Dekompressionskammer, um Verzerrungen zu minimieren. Die Kalotte ist mit 28 mm etwas größer als der Durchschnitt, was Abstrahlwinkel und Rundstrahlcharakteristik erweitert. Das Kalottenmaterial ist ein feines, imprägniertes Gewebe, das an Seide erinnert. Seine Schwingspule besteht zu 35 % aus Kupfer und zu 65 % aus Aluminium. Die Magnete aller Treiber sind klassisch aus Ferrit. Die Weiche trennt bei 400Hz mit 6db/Oktave und bei 4kHz mit 18db/ Oktave.

Das Gehäuse der Krypton 6 wird aus 16 mm starken MDF-Panelen aufgebaut. Zwischen Mitteltöner und Bass ist eine Querversteifung mit Kabeldurchführung eingebracht. Und zwischen Bass und Bassreflexöffnung sitzt eine weitere kreuzförmige Versteifung. Die Bassreflexöffnung findet man unten auf der Front, sie ist relativ schmal und rechteckig. Das sieht nicht nur elegant aus, so können die Lautsprecher auch unbedenklich in Wandnähe aufgestellt werden. Bedämpft ist das Gehäuse mit relativ wenig Schaumstoff hinter jedem Treiber. Die Krypton 6 sind mit ihren elegant abgerundeten Ecken ohne sichtbare Verbindungen oder Schrauben richtig gut verarbeitet. Dafür beauftragt Davis unterschiedliche Fachbetriebe, ihre eigene Expertise liegt wirklich in der Treiberentwicklung und Fertigung, aktuell haben sie fast 200 verschiedene Modelle im Angebot. Ein Detail möchte ich noch erwähnen: Die Frontabdeckung ist ausgesprochen attraktiv gestaltet. Es gibt sie in drei sehr unterschiedlichen, sehr besonderen Versionen und praktischerweise legt sie sich magnetisch an den Korpus an. Man kann die Krypton 6 einfach so auf den Boden oder einen Teppich stellen oder sie mithilfe eines mitgelieferten Sockels leicht nach hinten geneigt positionieren. Der Sockel ist auf der Unterseite mit Gummi beklebt, vorne können bei Bedarf Spikes arbeiten. Solche praktischen und hilfreichen Detaillösungen scheinen bei teureren Lautsprechern manchmal in Vergessenheit zu geraten – ich liebe so etwas. Der Firmengründer Michel Visan war ein Jazzliebhaber, da wären wir schon zwei. Und was ist mit seinem Sohn Olivier? Der steht mehr auf Klassik und Hardrock. Super, damit habe ich eine schöne Musikpalette zur Hand.

Ich beginne nach der Ankommens und Einspielphase der Krypton 6, die zum Glück schnell abgeschlossen ist, mit Klassik. Scarlattis Klaviersonaten, wundervoll eingespielt von Christoph Ullrich, gehören nicht zur schönsten Musik, die ich kenne, mit ihnen kann man auch die Klangreinheit, Dynamik und Spielfreude eines Lautsprechers sehr gut beurteilen. Der Grundcharakter der Krypton 6 ist minimal dunkel, dabei sehr agil und wendig wie ein kleiner Lotus mit Kunststoffkarosserie. Dafür sorgt sicher auch ihr hoher Wirkungsgrad von 91db und ein durchaus freundliches Impedanzminimum von 4,3 Ohm bei 180 Hz. Tonal gibt sie sich keinerlei Blöße, die Töne klingen realistisch und natürlich. Das Rundstrahlverhalten der Krypton 6 ist dank des tollen Hochtöners auf LS3/5a Niveau und die Abbildungsgröße spottet ihrer schlanken Grundform. Als Nächstes lege ich eine Liveaufnahme von Chet Baker aus dem Jahr 1979 auf und bin sofort davon fasziniert, wie nahe ich dem legendären Trompeter und Sänger bei seinem Trio-Auftritt im berühmten Kopenhagener Montmartre Club komme. Und noch etwas fällt mir speziell beim Gitarrensolo von Doug Raney auf: egal wie hübsch die Abdeckungen sind, ohne sie klingt es noch besser, offener, freier. Rhythmisch, von der Raumabbildung und der Feindynamik her ist der Auftritt der Krypton 6 bis hier hin schon richtig überzeugend. Fehlt nur noch eine Kategorie aus dem Musikkorb der Familie Visan: Hardrock. Und was wäre dafür besser geeignet als Led Zeppelin? Sehen Sie es mir bitte nach, ich muss einfach mal wieder „Whole Lotta Love“ von Led Zeppelin II hören, denn das ist für mich die ultimative Hardrocknummer. Und sobald das legendäre Riff ertönt, wundere ich mich ernsthaft, was mit so einem feingeistigen Lautsprecher möglich ist. Denn Zeppelin klingt im Verhältnis zur Größe der Box erstaunlich dreckig und hart, genau es soll. John Bonhams Drums kommen für so einen zierlichen Lautsprecher mit gewaltigen Druck und Robert Plants Stimme lässt mich fast headbangen. Ernsthaft, so viel Nachdruck, so viel „Schmutz“, so viel Spaß hätte ich von der Davis Acoustics Krypton 6 gerade mit dieser Musik nicht erwartet. Ich ziehe meinen virtuellen Zauberhut.

Fazit

Die Davis Acoustics Krypton 6 ist eine elegante, schlanke und sehr kompetente Standbox. Sie ist top verarbeitet und klingt mit jedweder Musik erwachsen und einnehmend. Dass sie vor allem dank ihres sehr guten Wirkungsgrads mit praktisch jedem vernünftigen Verstärker spielend zurechtkommt, macht sie zu einem potenziellen Lieblingslautsprecher.

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