Test des Magazins HIFI TEST
Souverän
Manche Marken begleiten einen über viele Jahre. Mir geht es mit den Lautsprechern des nordfranzösischen Herstellers Davis Acoustics so. Die Frage ist: Können sie ihre häufig gezeigten Qualitäten quasi beliebig herunterskalieren?
Es ist doch wirklich interessant. Da habe ich in den vergangenen Jahren über einige Modelle aus dem Angebot des nordfranzösischen Lautsprecherherstellers Davis Acoustics geschrieben. Und unabhängig von ihrem Preis mochte ich die Schallwandler, die Davis-Firmenchef Olivier Visan entwickelt, alle. Das ist ja fast nicht normal, denke ich so bei mir. Aber vielleicht wird diesmal alles anders, denn ich habe ihre günstigsten Standlautsprecher vor mir. Wollen die mich testen? Schauen, wann ich aussteige? Kann das gut gehen? Oder anders formuliert: Was kann denn so ein Lautsprecher können? Die vorschnelle Antwort ist: eine Menge. Und ihr Geheimnis ist, dass es keines gibt. Oder vielleicht das – man muss es halt können, Lautsprecher entwickeln. Es geht als ich die Davis Modelle, die ich in den vergangenen Jahren besprochen habe, Revue passieren lasse, fällt mir ein, dass ich beim vorletzten Analog-Forum in Moers ja über das sogenannte Jugendzimmer berichtet habe. Das war ein Raum für junge Leute, bestückt mit einer ausgesprochen erschwinglichen Anlage, die prima spielte und komplett von Davis-Vertriebschef Stefan Becker aus seinen Produkten zusammengestellt worden war. Und tatsächlich spielte dort die Ariane 1, das kleinste Modell derselben Serie. Ich hatte damals geschrieben: „Wenn es eine rundsympathische Lautsprecherfirma gibt, dann ganz sicher Davis. Die Franzosen bieten zwar eine durchaus verwirrende Vielfalt an Modellen an. Entscheidend ist aber, dass ich noch keine schlecht klingende Davis gehört habe. Das ist wirklich eine Marke, die ich Freunden empfehle.“ Ich war dieses Mal weniger skeptisch als bei der kleinsten Ariane 1 für knapp 300 Euro Paarpreis, denn ich wusste ja bereits, dass es auch nach unten hin keine Grenzen gibt. Wobei ich da unbedingt etwas klarstellen muss. Halten Sie uns bitte nicht für arrogante Typen, die völlig von teuren High-End-Sachen versaut sind. Wir sind wie Sie und freuen uns über preiswerte Produkte, die Spaß machen und vor allem richtig gut klingen. Gegebenheiten Olivier Visan nannte mir den Hauptgrund dafür, warum die Ariane-Serie trotz ihres niedrigen Preises „funktioniert“: Er lässt sie in China fertigen. Für das Geld kann er sie, trotz seiner tiefen Fertigungskapazitäten, nicht in Troyes bauen. Also wich er nach China aus und meinte schmunzelnd, für das Geld seien zum Beispiel die Fiberglasmitteltöner der Ariane 5 gar nicht übel. Die für Davis so charakteristischen gelben Kevlar-Chassis lagen einfach nicht im Budget, genauso wie ihre üblichen Bässe. Visan meinte, dass die Mitteltontreiber, die natürlich nach seinen Spezifikationen und Prinzipien gebaut werden, erstaunlich offen und klar spielten, wobei er das auch seiner minimalinvasiven Weiche zuschreibt. Was den Bass betrifft, gab er zu, dass er keinen, wie er es nennt, „Papierklang“ leiden kann. Deswegen beschichtet er seine Bassmembranen üblicherweise mit Graphit. Das sei für die Chinesen aber nicht machbar gewesen, offenbar hat man in Frankreich doch andere Möglichkeiten. Also wählte er Papier, allerdings mit einer „speziellen“ Beschichtung, die er nicht benennen wollte. Und auch damit kommt er erstaunlich weit und wieder stimme ich ihm zu. Der Bass ist ein 4-Ohm-Treiber mit einer sehr geringen Induktion und maximaler Energieausbeute. Als Hochtöner setzt er eine ganz klassische Gewebekalotte ein. Das ist ein millionenfach bewährter Standard, den man aber besser und schlechter einsetzen kann. Sie erraten es, Davis kann es besser. Finessen, mit der Erfahrung aus persönlichen Gesprächen und dem Klang unterschiedlicher Davis-Modelle kann ich mich zu einer ganz klaren Aussage hinreißen lassen: Oliver Visan kann Weichen bauen. Und auch wenn er im Preissegment der Ariane-Reihe keine sogenannten Boutique-Bauteile einsetzen kann, das meint besonders ausgewählte und für Davis produzierte Komponenten, hört man das. Er trennt bei 300 und 3000 Hz mit 6 bzw. 12 db/ Oktave, braucht also, wie er das gerne hat, nur wenige Bauteile. Ich habe Visan auch gefragt, woran es wohl liegt, dass die Konkurrenz, zumal in dieser Preisklasse, meist auf 2-Wege-Designs setzt. „Ich weiß es auch nicht“, war seine Antwort. Ich glaube es zu wissen – sie bekommen es einfach nicht so gut hin, wie er. Das Gehäuse wird aus 15mm starkem MDF gebaut. Zwischen Tief- und Mitteltöner ist ein Brett eingebaut, das die beiden Kollegen in Ruhe arbeiten lässt und das Gehäuse zusätzlich versteift. Typisch für Davis ist die minimale Bedämpfung: sehr wenig hinter dem Tieftöner, der eben in seiner eigenen Kammer in Ruhe werkeln darf und die Kollegen nicht negativ beeinflusst, und nur wenig mehr hinter dem Mitteltöner – das war’s bereits. Und vielleicht unterscheidet das Davis so grundlegend von manch anderem Hersteller: Sie gehen ihre Designs mit Verstand an und nicht mit der weit verbreiteten Devise „viel hilft viel“. Übrigens ist die untere Stellfläche der Ariane 5 wie die ihrer größeren Geschwister gummiert. So kann man sie sauber angekoppelt auf den Boden stellen, wenn Spikes nicht gewünscht sind. Ich mag das. Wie jede Davis Box, die ich bisher hatte, klingt auch die Ariane 5 ohne Abdeckung etwas offener – ernsthaft.
Unglaubliches Niveau Ich höre Dominic Millers LP „Silent Night“ so fluffig, so detailreich und lebendig, dass ich mich echt fragen muss, was mir hier fehlt. Zugegeben tue ich das mit einem sehr leckeren analogen Frontend bestehend aus dem Transrotor Alto TMD mit TRA Studio Tonarm und dem sehr feinen Rega N7d MM-Tonabnehmer. Das drückt und schiebt, flirrt und schwingt, dass es eine Freude ist. Und der Ariane gelingt es auch ohne Mühe, unterschiedliche Verstärkerkonzepte fein auseinander zu halten. Der Soulnote A-3 zeigt dabei seine warme, sonore Seite, während der Exposure 3510 seinen knackigen, straffen, transparenten Charakter voll ausspielen darf. „Fields of Gold“ wird zur Hymne, die mir Gänsehaut vermittelt und selbst wenn ich von zehnmal so teuren Lautsprechern auf die Ariane 5 umstöpsle, bleibe ich begeistert. Sie zaubern mir sogar ein Extralächeln ins Gesicht, da sie so viel können, viel mehr als man aufgrund ihres Preisschilds vielleicht vermuten würde. Ganz klar, die Davis Acoustics Ariane 5 sind würdige Mitglieder einer großartigen Lautsprecherfamilie.
Fazit Selbst die kleinste Standbox der sympathischen französischen Marke Davis Acoustics ist ein Schatzkästlein. Die Ariane 5 kann ihr musikalischer Satellit auf dem Weg zu den Klangsternen werden.
Christian Bayer